Donnerstag, 10. Dezember 2020

Historische Grounds #06 - Stadion Mittelwiese in Ruhla

Wir befinden uns in der thüringischen Bergstadt Ruhla, ein unscheinbares Städtchen im Thüringer Wald am Rande des Rennsteigs. Doch die Stadt südöstlich von Eisenach bringt einige interessante Geschichten mit sich, so steht hier beispielsweise mit der St. Concordia die einzige Winkelkirche Deutschlands, welche sich noch in ihrem ursprünglichen Bauzustand befindet. Im zweiten Weltkrieg blieb das Ruhlaer Stadtgebiet weitgehend unversehrt, damals verfügte man noch über einen Kopfbahnhof, wo von Ende 1944 bis März 1945 der "Salonwagen von Compiégne" versteckt wurde, in welchem 1918 der Waffenstillstand zwischen dem Deutschen Kaiserreich und dem britisch-franzöisch-russischen Kampfbündnis vereinbart wurde. Im selben Wagen wurde 1940 die Kapitulation Frankreichs gegenüber dem Deutschen Reich unterschrieben, der ehemalige Speisewagen blieb während seiner Zeit in Ruhla unberührt. Im März 1945 wurde der Wagen ins etwa 50 Kilometer entfernte Crawinkel gefahren und dort komplett zerstört. Die Stadtgeschichte Ruhlas wurde durch die Uhreinindustrie geprägt. 1862 meldeten die Gebrüder Thiel ihr erstes Gewerbe in Ruhla an und starteten eine große Erfolgsgeschichte. 1891 lief die erste Ruhlaer Taschenuhr vom Band, welche ein weltweiter Verkaufsschlager wurde und vor allem in den USA großen Anklang fand. Während der beiden Weltkriege stellte man ausschließlich Zeitzünder für die Rüstungsindustrie her, bevor man sich ab 1945 wieder auf die serienmäßige Herstellung von Uhren und damit das eigentliche Kerngeschäft konzentrierte. 1961 brachte man als nunmehr VEB (volkseigener Betrieb) die erste elektrische Armbanduhr der DDR auf den Markt. Erfolgreichstes Modell aus Ruhla war das "Kaliber 24", welches bis 1991 über einhundert Millionen Mal verkauft wurde. Die Uhrenwerke Ruhla waren eine der größten Arbeitgeber im Umkreis und die Mitarbeiter fertigten täglich bis zu 30.000 Stück des erfolgreichen Export-Modells. Nach der Wende wurde das VEB Uhrenwerk Ruhla privatisiert, über die Jahre ging die Uhrenproduktion deutlich zurück und beschränkt sich heutzutage auf ein Minimum. Im Sommer 2019 musste der letzte verbleibende Uhrenhersteller im Stadtgebiet Insolvenz anmelden und wurde von einem internationalen Uhrenhersteller aufgekauft. Zuvor waren bereits ein Großteil der ehemaligen Werks- und Produktionsgebäude abgerissen worden, übrig blieb nur das ehemalige Verwaltungsgebäude, welches heute ein Uhrenmuseum beheimatet. Noch immer bezeichnet man Ruhla als Uhrenstadt, obwohl sich das Stadtbild mittlerweile stark verändert hat, aus der ehemaligen Industriestadt wurde der heute staatlich anerkannte Erholungsort.
Sport spielt in Ruhla keine Hauptrolle, maximal der Wintersport wird hier noch gefördert. Die 5.500 Einwohner Kleinstadt verfügt über eine eigene Skisprungschanze, auf welcher regionale Wettbewerbe ausgetragen werden. Ganz versteckt auf einem Berg oberhalb des Stadtzentrums, am Ende einer Einbahnstraße findet der geneigte Fußballfan aber das "Stadion Mittelwiese", die Heimat des EFC Ruhla 08. Der Verein spielt aktuell seit vielen Jahren in der achtklassigen Kreisoberliga Westthüringen, doch zu DDR Zeiten war das Stadion Mittelwiese tatsächlich Schauplatz von Zweitliga-Spielen. Auf Platz 127 der ewigen Tabelle der DDR-Liga findet man die TSG Ruhla, welcher insgesamt drei Spielzeiten im Unterbau der DDR-Oberliga verbrachte. Obwohl der erste Fußballverein in Ruhla bereits 1906 gegründet wurde, trägt man bis heute die 08 im Vereinsnamen. Erster Stammverein war der "FC Ruhla 06", welcher sich aber bereits vier Jahre später schon wieder aufgelöst hatte und als "FC Wacker Ruhla" neu gegründet wurde. Nach einer Fusion mit der "Jungmannschaft 08 Ruhla" zu "BC Wacker 08 Ruhla" war und ist die Jahreszahl 08 bis heute fest mit dem Fußball in Ruhla verbunden. Nach weiteren Fusionen trat der Verein in den folgenden Jahren unter zahlreichen neuen Namensvarianten an. "Vereinter BC Ruhla 08", "BC Ruhla 08", bevor man sich 1936 nach Vorgabe des NS-Reichbundes in "VfL Ruhla" umbenennen musste. Sportlich war man in der Anfangszeit meist nur in der Kreisklasse unterwegs, verbrachte aber auch einige Spielzeiten in der höherklassigen Meisterschaft des Wartburggau.
Mit Ende des zweiten Weltkrieges wurde auch der "VfL Ruhla" aufgelöst, einen großartigen Spielbetrieb hatte es seit 1942 ohnehin nicht mehr gegeben. Es folgte eine weitere Neugründung, diesmal als "SG Ruhla", aus welcher mit der DDR-Gründung im Jahr 1949 die "ZSG Ruhla" wurde. Der Verein erlebte nun den fast schon typischen Wandel eines DDR-Vereins. 1952 wurde man zur "BSG Motor Nord Ruhla" und stieg 1955 erstmals in die drittklassige Bezirksliga auf, welche aber nur drei Spielzeiten gehalten werden konnte. Die sportlich erfolgreichste Fußballzeit in Ruhla begann dann 1965, als die beiden Betriebssportmannschaften "Motor Nord Ruhla" und der Stadtrivale und Namensvetter "Motor Süd Ruhla" zur "TSG Ruhla" fusionierten. Gleichzeitig stieg auch der bereits erwähnte “VEB Uhren- und Maschinenenkombinat Ruhla” als Trägerbetrieb in das Vereinsleben ein und sorgte damit für erheblich verbesserte Rahmenbedingungen. Ein echtes Highlight der Ruhlaer Fußballgeschichte gab es am 17. August 1966, als die DDR Nationalmannschaft ein Testspiel gegen die TSG Ruhla bestritt. Die TSG gehörte damals noch der Kreisklasse an und verstärkte ihr Team für das große Spiel mit einigen Leihspielern von "Motor Gotha" aus der Bezirksklasse. 6000 Zuschauer sahen eine 0:3 Niederlage der Ruhlaer Elf, das Spiel wurde damals auf dem Sandplatz im kleinen Stadtteil Thal ausgetragen. Die DDR-Elf sah dies als Testlauf für eventuell zukünftige Spiele auf selbigen Untergrund, zu welchen es aber nie kam. Der eigentliche Heimplatz der Ruhlaer Fußballmannschaften war seit 1928 der "Sportplatz Mittelwiese", welcher nach dem Einstieg der Uhrenwerke zum "Stadion Mittelwiese" ausgebaut wurde. Das ausgebaute Stadion wurde am 7. Oktober 1969 als "Stadion der Fahrzeugelektriker" eröffnet und erneut gelang es den Betriebsoberen die Nationalmannschaft in die Uhrenstadt zu locken. 8000 Zuschauer verfolgten das Testspiel zwischen der DDR Elf und Vasas Budapest live vor Ort.
Die TSG machte ab Anfang der 1970er Jahre wieder sportlich auf sich aufmerksam und kehrte zur Saison 1972/73 nach 15 Jahren Pause wieder in die drittklassige Bezirksliga Erfurt zurück. Bereits ein Jahr später beendete man die Liga als Meister und schaffte den Aufstieg in die zweitklassige DDR Liga. Der Unterbau der DDR-Oberliga war damals in fünf Staffeln à 12 Teams aufgeteilt. Für die TSG Ruhla erwies sich der schnelle Durchmarsch in die Zweitklassigkeit aber zunächst als eine Nummer zu groß. Das Team war überfordert mit den Mannschaften aus der Tabellenspitze, wie Wismut Gera und Motor Suhl. Am Ende der Premierensaison standen gerade mal drei Siege bei fünf unentschieden und vierzehn Niederlagen zu Buche, das bedeutete den letzten Tabellenplatz und die sofortige Rückkehr in die Bezirksliga. In der ersten Ruhlaer DDR-Liga Saison war das Zuschaueraufkommen im Stadion Mittelwiese am höchsten. Zum allerersten Heimspiel am 2. Spieltag gegen Wismut Gera kamen immerhin 1.900 Fans ins Stadion, ein Zuschauerrekord für Ligaspiele der TSG welcher bis heute nicht überboten werden konnte.
In der folgenden Spielzeit war man erstmals im FDGB-Pokal, dem nationalen Pokalwettbewerb der DDR startberechtigt und schaffte immerhin den Einzug in die Zwischenrunde, nachdem man in der 1. Hauptrunde mit 1:0 gegen die BSG Stahl Blankenburg gewonnen hatte. Das Spiel in der Zwischenrunde verlor Ruhla dann deutlich mit 1:4 gegen Motor Suhl. Der Beginn einer sportlichen Talfahrt, denn schon am Ende der Saison 1976/77 stieg man als Tabellenletzter auch aus der Bezirksliga ab. Ein Missgeschick welches schnell wieder behoben werden konnte, denn schon nach einem Jahr kehrte man in die Liga zurück und setzte sich von nun an jede Saison in der oberen Tabellenhälfte fest, welches am Ende der Spielzeit 1981/82 in den Meistertitel und die Rückkehr in die DDR-Liga mündete. Hier schaffte man in der drauf folgenden Spielzeit nicht nur den Klassenerhalt, sondern setzte auch die ein oder andere Duftmarke auf dem Spielfeld. Am 3. Spieltag bezwang man zu Hause vor 1.250 Zuschauern den späteren Meister Wismut Gera mit 3:2, der 0:6 Auswärtserfolg am 20. Spieltag gegen Motor Steinach ist der höchste Sieg der Ruhlaer-Zeit in der DDR-Liga. Der achte Platz reichte man Ende souverän zum Klassenerhalt und für eine weitere Spielzeit in der zweithöchsten Liga. Diese sollte aber am Ende der Saison 1983/84 von fünf auf zwei Staffeln verringert werden, das hieß für die TSG Ruhla, nur einer der ersten sechs Tabellenplätze würde für einen Ligaverbleib reichen. Obwohl man am 21. Spieltag den späteren Meister und Oberliga-Aufsteiger Motor Suhl auswärts mit 0:4 besiegte, scheiterte das Vorhaben Klassenerhalt deutlich und mit Tabellenplatz zehn ging es wiederum zurück in die Bezirksliga.
Motor Suhl begegnete Ruhla aber auch in der drauf folgenden Saison noch einmal. Suhl reiste als nunmehr Erstligist ins Stadion Mittelwiese und traf in der ersten Runde des FDGB-Pokal auf Bezirksligist TSG Ruhla und erneut gewannen die Spieler aus der Uhrenstadt. 2:1 stand am Ende der Verlängerung auf dem Notizzettel des Schiedsrichters und Suhl hatte seinen Angstgegner gefunden. Dieser Sieg der Mannschaft aus Ruhla ist fast schon ein kleiner Meilenstein, es war erst das dritte mal in der DDR-Pokalgeschichte, dass ein Drittligist, ein Team aus der Oberliga aus dem Wettbewerb werfen konnte. Das gleiche Kunststück sollte bis zum Ende des DDR-Fußballs nur noch zwei weiteren Mannschaften gelingen. Das Spiel der zweiten Pokal-Hauptrunde verlor Ruhla dann mit 0:1 gegen einen weiteren Oberligisten und ehemaligen DDR Meister FC Vorwärts Frankfurt Oder. Die Niederlage gegen Frankfurt war bis heute auch das letzte große Fußballspiel im Stadtgebiet Ruhla. Die TSG spielte bis zur Wende wieder in der Bezirksliga. Im wiedervereinten Deutschland spaltete sich die Fußballabteilung von der TSG ab und tritt seit dem 19.12.1990 unter dem Namen "EFC Ruhla 08" an. Seither spielt man ausschließlich in regionalen Gefilden und höherklassigen Fußball wird es in Ruhla wohl auf Dauer nicht mehr zu sehen geben. Der neue Vereinsname EFC bedeutet "Erbstromtaler Fußballclub", Namensgeber ist das kleine 13,5 Kilometer lange Flüsschen mit dem barbarischen Namen Erbstrom, welches in Ruhla seine Quelle hat.
Betritt man das Stadion Mittelwiese heute empfindet man noch das Flair der alten Tage, auf der Anlage scheint die Zeit irgendwann stehen geblieben zu sein. Empfangen wird man von einem eisernen Torbogen, auf welchem die Aufschrift "Stadion EFC Ruhla"prangt. Blickfang des Rundes ist die langgezogene ausgebaute Kurve hinter einer Torseite. Der Schriftzug "Ruhla grüsst seine Gäste" versehen mit dem aktuellen Vereinslogo auf einer leicht bröckeligen Mauer bringen einen genauso unverwechselbaren Flair wie die einzigartige Haupttribüne. Drei Reihen scheinbar endlos aneinandergereihter Parkbänke sollten ein echtes Novum in der deutschen und vielleicht sogar weltweiten Stadionwelt darstellen. Die offizielle Zuschauerkapazität liegt heute bei 5.000. Im Stadion Mittelwiese ist zwar alles leicht in die Jahre gekommen, die Anlage befindet sich trotzdem auch noch heute in einem bemerkenswert guten Zustand. Schon seit der Eröffnung als Sportplatz im Jahr 1928 befindet sich ein Gedenkstein zu Ehren der Opfer des ersten Weltkrieges im Stadion, dieser Findling hat sämtliche Umbaumaßnahmen überstanden und steht noch heute auf der Anlage. Zwar sind einige Teile der Sportanlage mittlerweile stark mit Gras bewachsen und der Torbogen am Eingang mit Rostflecken übersät, trotzdem ist ein Besuch in der Uhrenstadt empfehlenswert und das Stadion Mittelwiese sollte von jedem interessierten Groundhopper abgehakt werden.
An dieser Stelle noch ein Dankeschön an Lars Harnisch für die Bereitstellung einiger Quellen zur Ruhlaer Fußballgeschichte. Er führt auf Twitter das interessante Projekt @FussballDdr und veröffentlicht dort täglich bemerkenswerte Anekdoten aus der DDR-Fußballgeschichte. Ich besuchte Ruhla im Rahmen meines 2020er Roadtrips und fertigte am 16. August 2020 die folgenden Fotos der Anlage an.

Ein eiserner Torbogen empfängt die Gäste im
Stadion Mittelwiese
Aufschrift "Stadion EFC Ruhla"
Blickfang des Stadions die langgezogene  Kurve...
... mit der Aufschrift "Ruhla grüsst seine Gäste"
Voran steht das aktuelle Vereinslogo
Oberhalb des Schriftzuges wäre Platz für Zuschauer
Gebraucht wird dieser Platz kaum noch
Der obere Teil der Kurve ist mittlerweile zugewachsen
Ein letzter Blick in die Kurve
Ein Blick auf die "Haupttribüne"
Eine scheinbar endlose Reihe von Parkbänken
Eine solche Art von Tribüne sollte ein Novum darstellen
Im Stadion befindet sich ein Gedenkstein der an die
gefallenen Sportler des ersten Weltkrieg erinnert
Einen Hinweis auf den eigentlichen Namen
"Stadion Mittelwiese" sucht man auf dem Terrain vergebens
Die Tornetze werden in Ruhla seit der Wende nur noch
für regionale Spiele gespannt
Gesamtansicht des Stadion Mittelwiese

Dies war der sechste Teil unserer Serie über historische Fußballstadien, zuvor blickten wie bereits auf das mittlerweile abgerissene Stadion am Hermann-Löns-Weg in Solingen, das Röntgen Stadion in Remscheid, auf das Jahnstadion in Mönchengladbach, die Westkampfbahn in Düren und das Grotenburg-Stadion in Krefeld. Folgt mir bestenfalls auf Twitter und erfahrt dort sofort wenn ein neues Feature erscheint.

Sonntag, 22. November 2020

Nordschleife - Ein Mythos in der Eifel

Brünnchen, Pflanzgarten, Kesselchen, Karussell, Steilstrecke, Fuchsröhre, Adenauer Forst. Eine Auflistung von Streckenabschnitten bei dem jedem Motorsport-Fan das Wasser im Munde zusammenlaufen wird. Es geht um "den Ring", "die grüne Hölle", die "Nordschleife" des Nürburgrings mitten in der Eifel. 20,892 Kilometer, offiziell 73 Kurven und ein Höhenunterschied von knapp 300 Metern machen die Runde nicht nur zur längsten Rennstrecke der Welt, über die Jahre seit der Eröffnung am 18. Juni 1927 entwickelte sich die Nordschleife zu einem echten Mythos und hat sich längst in sämtliche Sport-Historienbücher eingetragen.
Die Idee zum Bau einer permanenten Rennstrecke in der Eifel ging auf das seit 1922 ausgerichtete "Eifelrennen" zurück, die Teilnehmer fuhren damals eine 33 Kilometerschleife auf öffentlichen Straßen zwischen Nideggen und Heimbach. Die Passage der Ortschaften im Renntempo brachte immer wieder gefährliche Situation mit sich und war der Hauptgrund, das Rennen zukünftig auf einer abgeschlossenen Rennstrecke auszutragen. 1925 begannen 3000 Arbeiter und schufen innerhalb von zwei Jahren die heute weltberühmte Nordschleife. Der Ursprungsversion der „Gebirgs-, Renn- und Prüfungsstrecke“ war bis 1982 noch 28 Kilometer lang, eröffnet wurde die Nordschleife am 18. Juni 1927 mit dem Eifelrennen für Motorräder, einen Tag später fuhren dann auch die Automobile ihr erstes Rennen in der Eifel aus. Schon seit der Eröffnung ist es ebenfalls möglich, die Strecke mit seinem Privatwagen zu befahren, schon im Eröffnungsjahr konnte Jedermann gegen eine Gebühr die Rennstrecke befahren. Heutzutage sind diese Touristenfahrten die Haupteinnahmequelle des Nürburgrings.
Den "Mythos Nordschleife" macht auch die unberechenbare Gefährlichkeit der Strecke aus, bereits 1928 kam es während des Großen Preises von Deutschland zum ersten tödlichen Unfall, bis heute sollen hier mehr als 140 Menschen ihr Leben gelassen haben. Durch die stetige Weiterentwicklung der immer schneller werdenden Autos geriet die Nordschleife mehr und mehr in die Kritik und führte im Jahr 1970 sogar zu einem Boykott der Formel-1 Fahrer. Die Königsklasse der Autofahrer wollten die Verantwortlichen aber unbedingt weiter in der Eifel haben und so investierte man einen zweistelligen Millionen Betrag in die Entschärfung der Rennstrecke, unter anderem wurden bei den Umbaumaßnahmen erstmals Curbs auf der Nordschleife installiert. Die Formel-1 kehrte daraufhin tatsächlich in die Eifel zurück, der wohl bekannteste Unfall auf der Nordschleife brachte dann aber das endgültige Aus für Formel-1 Fahrzeuge in der grünen Hölle. Niki Lauda verunfallte während des Grand Prix 1976 schwer und seit dem fanden auf der Ursprungsversion der Nordschleife keine Formel-1 Rennen mehr statt. Man wollte die Rennserie aber unbedingt in der Eifel haben und begann so mit dem Bau einer eigenen Grand Prix Strecke, welche die Norschleife auf ihre heutigen 20,892 Kilometer einkürzte. Mit Eröffnung der Grand Prix Strecke im Jahr 1984 fanden immer weniger Rennen auf der Schleife statt, die Profi-Rennserien wichen allesamt auf die neu eröffnete, heute 5,148 Kilometer lange Grand Prix Strecke aus. Der Nordschleife blieb größtenteils nur Breiten- und Amateursportveranstaltungen und natürlich die sehr beliebten Touristenfahrten. Der alljährliche Saisonhöhepunkt ist aber das 24 Stunden Rennen, welches auf der 25,378 km langen Kombination von Nordschleife und Grand Prix Strecke ausgefahren wird. Dazu finden zehn mal jährlich mehrstündige VLN (mittlerweile NLS) Rennen satt, welche ebenfalls die Kombination aus Schleife und GP Strecke benutzen. Unregelmäßige Rennen kleiner Veranstalter beschränken sich zumeist auf die reine Nordschleife. Zuletzt gab es immer wieder Gerüchte über ein eventuelles Nordschleifen-Comeback der DTM, die Deutsche Tourenwagen Serie  trug von 1988 bis 1993 auf der großen Eifelrunde einen Renntag aus.
Historisch bleibt die Nordschleife ohnehin, an dem Denkmal kann nicht gerüttelt werden. Allein die verschiedenen Streckenabschnitte mit ihren Beinamen (siehe Tabelle oben rechts) prägen bis heute das Bild der einzigartigen Rennstrecke. Jeder Abschnitt hat seine eigene Geschichte, die Fuchsröhre erhielt ihren Namen beispielsweise, weil sich während der Bauarbeiten dort ein Fuchs in einer Drainageröhre versteckte und den Bauarbeitern die Arbeit erschwerte. Am Galgenkopf war die ehemalige Richtstätte und der Galgen der Grafen von Nürburg. Einige Abschnitte wurden auch Legenden der Nordschleife gewidmet, so wurde der Pflanzgarten II in Stefan-Bellof-S umbenannt. Bellof galt als einer der talentiertesten Autorennfahrer der Geschichte und fuhr 1983 einen unglaublichen Rundrekord und war bis 2018 der einzige Fahrer welcher die Nordschleife mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von über 200 km/h zurücklegte. Das Caracciola-Karussell ist nach Rudolf Caracciola benannt, welcher 1927 das erste auf der Nordschleife ausgetragene Eifelrennen gewann.
Nicht nur Autofahrer kommen an der Rennstrecke auf ihre Kosten, jedes Wochenende pilgern zahlreiche Schaulustige an die verschiedenen Streckenabschnitte und gucken sich die Speedjunkies auf der Strecke an. Nicht selten sieht man dabei menschliches Schicksal, wenn ein Touristenfahrer mal wieder seine Privatkarre in eine der Leitplanken gesetzt hat. Ein Ausflug lohnt sich immer, irgendwas ist auf der Nordschleife immer los. Selbst während des Corona-Lockdown-Lights Ende 2020 ging der Betrieb wie selbstverständlich weiter und lockte die Touristenfahrer in großer Masse in die Eifel. Der Mythos Nordschleife, er lebt!

Die grüne Hölle im Herbst 2020
Abschnitt Klostertal in Richtung Karussell
Adenauer Forst
Blick auf die Nürburg (oben Links)
Einfahrt Klostertal in Richtung Steilstrecke
Steilstrecke wäre hier links ab...
... und gilt heute als historischer Teil der Nordschleife
ist aber schon seit Jahren nicht mehr befahren wurden
Wippermann
Wippermann auf Grund der zahlreichen Bodenwellen,
die mittlerweile aber lange entschärft wurden
Pflanzgarten
Wehrseifen mit Blick auf Adenau
Einfahrt Brünnchen
Ausfahrt Brünnchen
Mit dem direkt anliegenden Parkplatz der
Zuschauer-Hotspot der Runde
Die Nordschleife lässt sich zu Fuß zum größten Teil direkt
an der Rennstrecke umrunden
Streckenposten haben ein wachsamen Blick auf die
Touristenfahrer

Die Fotos entstanden während verschiedenen Besuchen auf der Nordschleife im November 2020 und wurden von mir hier in willkürlicher Reihenfolge veröffentlicht

Mittwoch, 4. November 2020

Groundhopping - Oktober 2020

Was ein turbulenter Fußballmonat. Von voller Hütte bei Hessen Kassel über Niedersachsen bis hin zum letzten Spiel vor dem Lockdown in Erkrath. Nun geht es also wieder in die Zwangspause, ich rechne aktuell nicht mit einem Restart unseres Hobbys vor März/April. Wie bereits zuvor erwähnt war dies auch der Grund, warum ich mich in dieser Saison explizit gegen ein neues Groundhopping-Projekt entschieden habe. Es bedurfte keinem Wahrsager um diese erneute Pause herbei zusehen. Man darf gespannt sein wie und wann es weitergeht. Bis dahin, hier eine Übersicht des letzten Fußballmonats für hoffentlich nicht ganz so lange Zeit.

#01 - 3. Oktober 2020 - KSV Hessen Kassel gg TuS Rot-Weiss Koblenz - 1:1
Regionalliga Südwest - 7. Spieltag - Auestadion, Kassel - 1800 Zuschauer


Am Tag der Deutschen Einheit ging es ins Auestadion nach Kassel, bevor ich später auf die Geschichte des Stadions eingehen werde, erst mal eine kurze Zusammenfassung des Spieltages bei dem der KSV Hessen Kassel auf TuS Rot-Weiss Koblenz traf. Der KSV spielt nach zwei Spielzeiten in der fünftklassigen Hessenliga, nun wieder in der Regionalliga Süd. Der Aufstieg kam per Quotientenregel zu Stande, die am Ende der abgebrochenen Hessenliga angewandt wurde. Der Zuschauerschnitt in Kassel lag letzte Saison bei 1404 und Dank eines Hygienekonzepts kann auch in der aktuellen Regionalliga-Saison quasi jeder der möchte ins Auestadion, welches immerhin eine Kapazität von über 18.700 hat. Stehplätze werden in der Corona-Saison keine verkauft und Tickets gibt es auch ausschließlich im Vorverkauf über die Internetseite des Vereins, eine Tageskasse öffnet nicht. An den ersten vier Heimspieltagen kamen durchschnittlich knapp 1900 Zuschauer ins Stadion und das unter den strengen Augen der Securitys, welche früher noch dafür verantwortlich Platzstürme zu verhindern. Heute müssen sie beobachten wer keine Maske trägt, diese musste man nämlich im gesamten Stadionbereich tragen, auch auf seinen Plätzen. Sobald jemand seine Maske auszog oder nicht ordnungsgemäß trug, kam kurze Zeit später ein Mitarbeiter der Sicherheitsfirma und bat darum diese doch dringlichst anzuziehen. Alles anders eben in dieser neuen Zeit, na gut fast. Die Schiedsrichter und Spieler der gegnerischen Mannschaft, werden immer noch genau so beleidigt wie vor Corona. Wenigstens ein Stückchen Normalität in der heutigen Zeit.
Zeiten wie heute hat das 1953 eröffnete Auestadion in Kassel sicherlich auch noch nicht erlebt. Zunächst wurde das Stadion als reine Fußballarena mit einer Partie zwischen Hessen Kassel und Viktoria Aschaffenburg eröffnet, 1956 wurden dann auch die Leichtathletikanlagen auf dem Platz fertiggestellt. Obwohl hier über die Jahre mehrfach die Deutschen Leichtathletik Meisterschaften und auch einige internationale Wettkämpfe stattfanden, ist das Auestadion hauptsächlich als Heimspielstätte des KSV Hessen Kassel bekannt und auch überregional bekannt geworden. Der Zuschauerrekord datiert aus dem Jahr 1964, als 37.000 Menschen einem Bundesliga-Aufstiegsspiel zwischen Hessen Kassel und Hannover 96 beiwohnten. Kassel verlor das Spiel und ist bis heute dafür bekannt nie in der Bundesliga gespielt zu haben, trotz zahlreicher Aufstiegschancen. Zwischen 1982 und 1985 wurde man drei mal in Folge vierter der 2. Bundesliga und verpasste jeweils nur knapp den Schritt ins Fußball-Oberhaus.
Das Auestadion ist hauptsächlich als Heimstätte des KSV bekannt, zweimal wurde hier aber auch das Finale des DFB Pokals ausgetragen. 1958 gewann der VfB Stuttgart, ein Jahr später streckten die Spieler von Schwarz Weiss Essen den Pokal im Kasseler Stadion in die Lüfte. Hessen Kassel stieg erstmals 1980 in die 2. Bundesliga auf (damals noch unterteilt in zwei Staffeln), bereits in den Jahren zuvor hatte das Auestadion aber schon 2. Liga Fußball erlebt, als der benachbarte KSV Baunatal sich in seiner Zweitliga-Zeit zwischen 1976 und 1979 hier angesiedelt hatte. In letzter Zeit war das Auestadion häufiger der Austragungsort von Länderspielen der Deutschen U21 Nationalmannschaft, auch die Frauen-Nationalmannschaft spielte schon in Kassel. Die A-Nationalmannschaft nutzte das Stadion 1958 für einen Testkick gegen die eigene B-Elf.
Die Zukunft des Auestadions ist im Gegensatz zu anderen Spielstätten gesichert, da das Bauwerk unter Denkmalschutz steht. Nach einer umfassenden Sanierung des Stadions zwischen 2003 und 2010 ist aber vom ursprünglichen Auestadion nicht mehr viel übrig. Man ging mit der Zeit und passte Tribünen und Infrastruktur heutigen Standards an, dadurch ist das Stadionerlebnis aber auch kein wirklich besonderes mehr. Angekommen in der heutigen Zeit eben.

#02 - 4. Oktober 2020 - VfL Bad Berleburg gg Rot-Weiss Lüdenscheid - 1:0
Landesliga Westfalen Staffel 2 - 5. Spieltag - Stadion Am Stöppel, Bad Berleburg - 160 Zuschauer


Auf dem Rückweg von Kassel nach Hause macht man gerne einen Schlenker durch das schöne Sauerland und nimmt dort natürlich auch ein Spielchen mit. Auserkoren wurde der VfL Bad Berleburg und das Stadion Am Stöppel, welches idyllisch oberhalb der Stadt direkt neben einem Freibad liegt. Der Kunstrasenplatz verfügt auf einer Seite über eine Stufentraverse inklusive Gestänge. Die Gründung des Vereins geht bis ins Jahr 1863 zurück, organisierten Fußball gibt es in Bad Berleburg seit 1921. Der heutige VfL Bad Berleburg entstand 1971 als es zur Fusion zwischen SuS Bad Berleburg und dem Skiclub Bad Berleburg kam. Neben Fußball hat der Verein auch eine eigene Biathlon Abteilung, im Stadion Am Stöppel befindet sich daher auch ein hauseigener Schießstand.
Die sportlich erfolgreichste Zeit erlebte der Verein Mitte der 1970er Jahre. Als erster Verein aus dem Landkreis Wittgenstein stieg man 1975 in die damals drittklassige Verbandsliga auf, welches zeitgleich die höchste Spielklasse der Amateure war. Am Ende der Saison musste man wieder absteigen konnte aber den sofortigen Wiederaufstieg schaffen. Die zweite Spielzeit in der Verbandsliga endete mit dem erneuten Abstieg und war auch zeitgleich die letzte große Duftmarke welche der Verein bis heute setzen konnte. Im Stadion Am Stöppel spielt man seit 1976 und scheint mittlerweile fester Bestandteil der nur noch siebtklassigen Landesliga Westfalen zu sein. In den letzten Spielzeiten belegte man zum Saisonende jeweils einen Platz im gesicherten Mittelfeld.

#03 - 10. Oktober 2020 - TuS Berge gg TuS Eintracht Rulle - 1:5
Bezirksliga Weser-Ems Gruppe 5 - 5. Spieltag - Sportanlage Am Buchbach, Berge - 222 Zuschauer


Ein kurzer Zwischenstopp in der Bezirksliga Weser-Ems in Niedersachsen beim TuS Berge, einem kleinen Örtchen irgendwo im nirgendwo zwischen Osnabrück und Meppen. Als ich etwa 20 Minuten vor dem Anstoß vor fuhr, ein kurzer Schockmoment als der Platz leer war. Keine geparkten Autos, keine Spieler die sich warm machten. Dass es zu einer kurzfristigen Absage kam war eher unwahrscheinlich, da beide Vereine noch am morgen auf ihren Sozialen Medien dann Spiel ankündigten. Der Platz der als Spielort angegeben war blieb aber unbenutzt und scheint nur von den Jugendmannschaften bespielt zu werden, die erste Herren-Mannschaft trägt ihre Spiele zwar in der selben Straße aus, dieser Rasenplatz befindet sich aber etwa 500 Meter weiter, ein klein wenig versteckt am Waldessrand. Tatsächlich überzeugte der Rasenplatz auf dem das Spiel stattfand viel mehr, als der der Jugendmannschaften. Dort sah man nur eine Wiese mit Torauslinien, das war es. Auf dem Hauptplatz gab es zwar auch keinen wirklichen Ausbau, ein kleiner Graswall auf einer der Geraden mit Park-Sitzbänken konnte aber viel mehr Flair vermitteln als der Platz am Beginn der Straße. Hinter einem der Tore befindet sich auch das Vereinsheim mit einer großen Auswahl an Speisen und Getränken. Genau 222 Zuschauer fanden sich zum Spiel gegen Eintracht Rulle auf der Anlage ein und sahen eine deutliche 1:5 Niederlage, womit der TuS Berge seinen schwachen Saisonstart bestätigte und in die Abstiegszone der Bezirksliga taumelte. Seit dem man 2016 aus der Kreisliga aufgestiegen war, ist man der Teil Bezirksliga. Ein eventueller Abstieg am Ende der Saison wäre besonders bitter, denn der Verein feiert dieses Jahr sein 100 jähriges Bestehen. 1920 gründete man sich, eine große Jubiläumsfeier musste auf Grund der Pandemie schon abgesagt werden. Daher gilt es für die Mannschaft wenigstens sportlich erfolgreich den runden Geburtstag feiern zu können, dies war bis dato aber eben nicht gelungen.

#04 - 11. Oktober 2020 - TSV Victoria Clarholz gg SpVgg Vreden - 1:3
Oberliga Westfalen - 8. Spieltag - Holzhofstadion, Herzebrock-Clarholz - 293 Zuschauer


Der erste Schritt auf der Komplettierung der Oberliga Westfalen wurde bei Victoria Clarholz gesetzt. Der Verein aus dem Kreis Gütersloh stieg am Ende der abgebrochenen Saison erstmals in die Oberliga auf und spielt damit erstmals seit 1994 wieder in der fünft höchsten Spielklasse. Zwischen 1984 und 1994 war man damals Mitglied der Landesliga Westfalen, einzig die Saison 1992/93 verbrachte man in der viertklassigen Verbandsliga, musste nach nur einer Spielzeit direkt wieder absteigen. Seit 1995 pendelte man dann nur noch zwischen 6. und 7. Liga, bevor man nun doch etwas überraschend den Aufstieg in die Oberliga schaffte. Dieser hatte sich in den vorherigen Spielzeiten überhaupt nicht angedeutet, schlussendlich musste am Ende der letzten Saison die angewandte Quotientenregel über den Aufstieg der Clarholzer entscheiden. Der Start in der Oberliga verlief vielversprechend mit einem 1:3 Auswärtssieg gegen Westfalia Herne, es sollte aber bis zum Zeitpunkt meines Besuches nur noch ein weiterer Dreier gegen Ennepetal folgen, die restlichen Spiele verlor die Victoria allesamt. Zu Hause war man bis Mitte Oktober noch komplett ohne Punkt, auch das von mir besuchte Spiel gegen die Mitaufsteiger aus Vreden ging mit 1:3 verloren. Dabei war die Partie die erste welche man in der neuen Saison auf dem Rasenplatz des heimischen Holzhofstadion austragen konnte. Die ersten Heimspiele wurden allesamt auf dem direkt benachbarten Kunstrasenplatz ausgespielt, weil der Hauptplatz über keine Flutlichtanlage verfügt und die ersten Heimspiele der Saison allesamt abends unter der Woche angesetzt waren.
Der Name Holzhofstadion geht auf die anliegende Holzhofstraße zurück, die Anlage bietet offiziell 2.500 Zuschauern Platz. Während der Corona-Pause wurde auf der Hauptgerade eine überdachte Stehplatztribüne installiert, welche mit dem Spiel gegen Vreden endlich eingeweiht werden konnte. Weiterer Ausbau ist nicht vorhanden.

#05 - 15. Oktober 2020 - SSV Bergneustadt 1908 gg TuS Lindlar 1925 - 1:6
Kreisliga A / Berg - 7. Spieltag - Wilhelm Bisterfeld Stadion, Bergneustadt - ca. 30 Zuschauer


Einen freien Tag darf man mal dafür nutzen, einen Abstecher in die Kreisliga zu machen. Ziel war der SSV Bergneustadt im Oberbergischen Land. Eine Region welche im Fußball-Ballungsgebiet Nordrhein-Westfalen schnell mal vergessen wird, zu selten setzten Vereine aus dem Umkreis ihre Duftmarke im überregionalen Fußball. So war der SSV Bergneustadt in den Spielzeiten 2008/09 bis 2011/12 Teil der sechstklassigen Mittelrheinliga und damit das höchst spielende Team aus dem Fußballkreis Oberberg. 2012 folgten vier Abstiege in Folge und man wurde von der Mittelrheinliga bis in die Kreisliga B durch gereicht. Am Ende der letzten Saison schaffte man immerhin mal wieder einen Aufstieg und spielt nun wieder in der A-Klasse. Heimplatz ist das Wilhelm-Bisterfeld-Stadion auf dem Stentenberg oberhalb des Bergneustädter Stadtzentrums. Der Kunstrasenplatz mit Laufbahn verfügt auf der Hauptgerade über eine sehenswerte Sitzplatztribüne, welche coronabedingt aber aktuell gesperrt bliebt. Als Zuschauer betritt man das Stadion durch die Tribüne in welche auch die Vereinsgasstätte integriert ist. Über die offenen Seiten kommt man in den restlichen Teil des Stadions, welcher weitgehend nicht ausgebaut ist. Ein Graswall auf der Gegengerade, in welchem auch eine Anzeigetafel installiert ist, bietet immerhin noch einen weiteren erhöhten Blick auf das Spielfeld, welches im übrigen von acht Flutlichtmasten perfekt ausgeleuchtet wird.

#06 - 18. Oktober 2020 - SV Olympia Laxten 1919 gg SV Eintracht Nordhorn - 2:4
Bezirksliga Weser-Ems Gruppe 3 - 7. Spieltag - Stadion Laxten, Lingen/Ems - ca. 130 Zuschauer


Es ist schon eine verrückte Zeit. Unter der Woche in Bergneustadt waren noch sämtliche Sitzplätze gesperrt, nun zurück in Niedersachsen ist man dazu verpflichtet einen Sitzplatz einzunehmen und da die Anzahl der Sitzplätze teilweise stark begrenzt ist, wird man dazu gefordert einen Gartenstuhl mit zu den Spielen zu bringen. Der heutige Stopp führte mich zu Olympia Laxten in Lingen an der Ems. Das dortige Stadion verfügt glücklicherweise über eine große überdachte Sitplatztribüne, welche an der rechten und linken Seite jeweils in Stehtraversen übergeht. Der Rest der Anlage kommt ohne Ausbau aus. Die Tribüne, auf der jede zweite Sitzreihe durch Flatterband gesperrt wurde, war zum Anstoß jedenfalls nahezu komplett belegt. Laxten war bis in die 1970er Jahre eigenständig und schloss sich dann dem direkt benachbarten Lingen an und ist seitdem ein Lingener Stadtteil. Letztes Jahr feierte der 1919 gegründete Klub sein 100 jähriges Bestehen und ist seit vielen Jahren Teil der Bezirksliga im Weser/Ems Land. Die erfolgreichste Zeit erlebte der Verein zu Beginn der 1990er Jahre als man kurzzeitig in der Landesliga spielte.
Das Stadion ist auf Grund der Tribüne durchaus sehenswert, aber ein Besuch ist meiner Meinung nach keine Pflicht. Das wirklich besondere fehlt hier bei Olympia Laxten, warum das Stadion einfach nur Stadion Laxten und nicht Olympiastadion heißt, bleibt ungeklärt.

#07 - 25. Oktober 2020 - VfB Lohberg gg TV Voerde II - 2:5
Kreisliga B Gruppe 3 Dinslaken - 8. Spieltag - Dorotheen-Kampfbahn, Dinslaken - 20 Zuschauer


Die Absagen in den Amateurligen wurden langsam mehr, mit Sicherheit 40% der geplanten Spiele in NRW wurden am vorletzten Oktober Wochenende bereits abgesagt. Aber noch rollte der Ball, der Plan war zunächst eigentlich ein Besuch beim CSV Marathon Krefeld und ihrer Edelstahlkampfbahn. Der Besuch hier hatte eigentlich Priorität, da die Anlage kommendes Jahr umgebaut werden soll und dabei vermutlich ihren jetzigen Charme verlieren wird. Die Spieler und auch ich waren tatsächlich etwa eine Stunde vor dem geplanten Anstoß auf der Anlage, der Platz war aber kurzfristig von der Stadt Krefeld gesperrt wurden, wodurch auch hier noch eine Absage rein rutschte. Ich hoffe das war nicht die letzte Gelegenheit hier ein Spiel zu sehen... Der geübte Groundhopper hat aber natürlich immer einen Plan B in der Tasche und so ging es schnell ins etwa 50 Kilometer entfernte Dinslaken zum VfB Lohberg und der nicht weniger sehenswerten Dorotheen-Kampfbahn. Im Schatten der Zeche Lohberg liegt diese traditionsreiche Anlage, welche in den vergangenen Jahren ebenfalls vom Abriss bedroht war. Mittlerweile scheint die Zukunft dieser altehrwürdigen Kampfbahn aber gesichert zu sein und das ist auch gut so. Ein Traum von einem Fußballstadion. Hier kommt alles zusammen war ein Fußball-Traditionalist will, Ruhrpott-Romantik, Wellenbrecher um den gesamten Stadionumlauf und dazu auch noch eine (zur Zeit leider coronabedingt gesperrte) große Sitzplatztribüne. Auch der Heimatverein VfB Lohberg hat eine ähnlich präsentierbare Vereinschronik vorzuweisen. 1919 gegründet spielte man schon damals in der Dorotheenstraße wo wenige Jahre später eben auch die Kampfbahn entstehen sollte. Erste Duftmarken konnte man zwischen den Weltkriegen mit der mehrmaligen Teilnahme am Tschammerpokal setzten, die erfolgreichste Zeit des Vereins brach aber nach Ende des 2. Weltkrieges an.
In den 1960er Jahren machten sich die Lohberger einen Namen als Pokalschreck, so qualifizierte man sich 1963 für die Teilnahme am DFB Pokal. Hierfür hatte man zuvor im Westdeutschen Pokal die großen Namen Schwarz-Weiß Essen, Bayer 04 Leverkusen und Alemannia Aachen allesamt eliminiert. In der ersten DFB Pokal Hauptrunde (damals schon das Achtelfinale) verlor man dann nur knapp gegen Werder Bremen mit 3:4, das Spiel wurde damals auf neutralem Platz in Hannover ausgetragen.
Auf Ligaebene war Lohberg bis 1975 durchgehend in der drittklassigen Verbandsliga zu Hause, verpasste aber immer wieder knapp den Sprung ins Profilager. Über die Jahre wurde es dann sportlich ruhiger im Stadtteil von Dinslaken und man taumelte zusehend immer tiefer in die Amateurligen herein. Trauriger Höhepunkt war der Abstieg 2019 in die Kreisliga B und das ausgerechnet zum 100. Vereinsjubiläum. Damit bleibt heute nur noch die Dorotheen-Kampfbahn als Erinnerung an die sportlich erfolgreiche Zeit. Der VfB Lohberg ist bis heute der Hausherr der Anlage, über die Jahre spielten aber auch immer wieder Vereine aus anderen Stadtteilen in Lohberg. Zuletzt trug hier etwa der SuS 09 Dinslaken ein Bezirksligaspiel aus, da die eigene Anlage gesperrt war.
Ebenfalls erwähnenswert ist vielleicht die extrem gute Beschallung auf der Anlage, vor Spielbeginn und in der Halbzeitpause ballerte ordentlich Mallorca-Musik aus den Lautsprechern, welche einige der offiziell 20 anwesenden Zuschauer zu spontanen Tanzeinlagen animierte.

#08 - 31. Oktober 2020 - SSV Erkrath gg BV 04 Düsseldorf - 7:1
Kreispokal Düsseldorf - 1. Runde - Toni-Turek-Stadion (Kunstrasen), Erkrath - 25 Zuschauer


Das war es dann wohl erstmal wieder mit dem rollenden Ball und unserem allseits beliebten Hobby. Keine wirkliche Überraschung, es kam wie es kommen musste und schon von allen Seiten befürchtet wurde. Ein neuer Lockdown im November bringt das vorzeitige Ende des Amateurfußballs. Einige Gutgläubigen mögen aktuell noch denken, dass sie ab Dezember wieder Spiele sehen werden, ich rechne großzügig erst ab kommenden Frühjahr wieder mit Livefußball auf den Amateurplätzen des Landes. Das letzte Wochenende vor dem Zusammenbruch sollte aber noch mal genutzt werden, ein Großteil der Landesverbände hatte vorsorglich den Spielbetrieb auch für dieses Wochenende bereits ausgesetzt. In Nordrhein-Westfalen rollte der Ball nur noch im Verband Niederrhein und das auch nur noch am Samstag, da an Allerheiligen ohnehin keine Spiele angesetzt waren. Am Niederrhein wurde am Halloween-Tag die erste Runde des Landespokal ausgetragen und in einigen Regionen wurde mit dem Kreispokal begonnen. So auch in Düsseldorf, wo ich mir die Erstrunden-Partie des SSV Erkrath raus suchte. Laut Fußball.de sollte das Spiel auf dem Rasen- sprich Hauptplatz stattfinden, natürlich wurde dann aber doch auf dem benachbarten ausbaulosen Kunstrasen im Toni-Turek-Stadion gekickt. War mir in diesem Fall recht egal, Hauptsache noch mal 90 Minuten rollendes Leder. Den Namen des Deutschen Weltmeisters von 1954 trägt das Stadion übrigens nicht etwa weil die Torwart Legende in Erkrath geboren wurde oder beim SSV spielte, verschiedene Quellen bestätigen das Turek während seiner Zeit bei Fortuna Düsseldorf schlicht in Erkrath wohnte.
Das Spiel gegen BV 04 Düsseldorf gewann der Kreisligist ziemlich ungefährdet mit 7:1 und zog souverän in die zweite Pokalrunde ein. Bleibt nur die Frage wann diese denn ausgetragen wird...