Sonntag, 16. Juli 2023

Groundhopping - Mai 2023

Die Groundhopping-Saison 2022/23 fand im Mai sein Ende und es wurden zum Abschluss nochmal einige interessante Punkte angesteuert. Neben einem Besuch in Belgien ging es nach langer Zeit auch mal wieder in den Osten. Dazu wurde die Mittelrheinliga wieder komplettiert und es wurden noch Kreuze in zwei sehenswerten Kreisliga-Grounds gesetzt. Der Last Dance einer langen Saison.

#01 - 7. Mai 2023 - KVC Westerlo gg KSV Cercle Brügge - 3:5
Jupiler Pro League - Playoff Confernce League - 2. Spieltag - Het Kuipje, Westerlo (Belgien) - 3.718 Zuschauer


"Die kleine Wanne" heißt das Stadion des KVC Westerlo wörtlich übersetzt, im Original "Het Kuipje". Der Name ist in Anlehnung an das Rotterdamer Stadion "De Kuip" - "Die Wanne" entstanden. Die Heimmannschaft KVC Westerlo kehrte zu Saisonbeginn als Aufsteiger in die erste belgische Liga zurück und qualifizierte sich nach einer stabilen regulären Saison für die Teilnahme an den Play-Offs zur Europa Conference League. Hier spielten die Plätze fünf bis acht der regulären Saison um den belgischen Startplatz in der zweiten Runde der Qualifikation zur Conference League Saison 2023/24. Die Spannung war aber schnell raus, das Westerlo schon mit Beginn der Playoffs kaum noch realistische Chancen auf den Qualifikationsplatz hatte, obwohl die Tabellenpunkte die in der Hauptrunde eingefahren wurden für die Playoff-Phase halbiert wurden. Der Rückstand zu KAA Gent war aber trotzdem mit Beginn der Extra-Runde zu groß um diesen noch aufzuholen. Entsprechend wenig gefragt waren die Spiele beim breiten Publikum. Zum Spiel gegen Cercle Brügge kamen knapp 3.700 Zuschauer, was das kleine Stadion nicht mal zur Hälfte füllte. Das offizielle Fassungsvermögen beträgt etwas mehr als 8.000.

#02 - 14. Mai 2023 - FC 96 Recklinghausen gg DJK SV GW Erkenschwick - 5:0
Kreisliga A Recklinghausen - 28. Spieltag - Stadion Hohenhorst, Recklinghausen - ca. 80 Zuschauer


Das Stadion Hohenhorst in Recklinghausen war eines dieser Punkte die ich schon länger ansteuern wollte, die Fotos die man von Hopper-Kollegen gesehen hatte, machten einem dem Ground immer schmackhaft und ich wurde bei meinem Besuch tatsächlich nicht enttäuscht. Das kombinierte Leichtathletik und Fußball-Stadion wurde 1977 eröffnet und ist vollkommen überdimensioniert. Ursprünglich war eine Kapazität von 30.000 Plätzen geplant, welche aber nie ausgebaut wurden. Stattdessen beträgt das Fassungsvermögen heute nur 7.000, wovon sich 2.700 Sitzplätze auf der Haupttribüne befinden. Das gesamte Arenal erinnert ein wenig an das Olympiastadion in München, welches im selben Baustil errichtet wurde.
Der Fußball in Recklinghausen hat bisher für wenig Schlagzeilen gesorgt, zunächst war das Stadion Hohenhorst Schauplatz von Heimspielen des 1. FC Recklinghausen, welcher 1981 nach mehreren Fusionen von Vereinen aus dem Stadtgebiet entstand. Darunter auch die ehemaligen Gauligisten Viktoria und Union Recklinghausen. Der 1. FC erreichte seinen größten Erfolg 1985 mit dem Aufstieg in die damals drittklassige Oberliga Westfalen, in welcher man sich für zwei Spielzeiten halten konnte. Nach einigen Querelen und knapp verpassten Aufstieg kehrte man 1990 in die Oberliga zurück und fuhr gleich in der Aufstiegssaison mit Tabellenplatz sechs das beste Ergebnis der Vereinsgeschichte ein. Der Zenit war erreicht, fast die komplette Mannschaft und das Trainerteam verließ nach diesem Erfolg den Verein, was zur Folge hatte das man die darauffolgende Saison als abgeschlagener Tabellenletzter beendete und den Fußball in Recklinghausen schnell wieder von der Bildfläche verschwand. 1996 ging der 1. FC Recklinghausen Konkurs und wurde aufgelöst. Als Nachfolgeverein gründete sich der FC 96 Recklinghausen, welcher sich immerhin im Laufe der Jahre bis in die Westfalenliga hochspielen konnte, dann aber auch wieder bis die Kreisliga B zurückfiel. Aktuelle geht es wieder bergauf, bei meinem Spielbesuch wurde die Meisterschaft der Kreisliga A gefeiert und ab der Saison 2023/24 wird im Stadion Hohenhorst Bezirksligafußball gespielt.

#03 - 18. Mai 2023 - TuS Blau-Weiß Königsdorf gg Eintracht Hohkeppel - 1:3
Mittelrheinliga - 26. Spieltag - Sportanlage Pfeilstraße, Frechen - 105 Zuschauer


Lange Zeit vor mir hergeschoben und an Christi Himmelfahrt dann doch abgehakt, der Besuch beim TuS Königsdorf in Frechen, dem einzigen Platz der mir in der Mittelrheinliga noch fehlte. Durch das Kreuz in der Sportanlage Pfeilstraße sind wieder alle drei Oberligen in Nordrhein-Westfalen komplett.
Der Kunstrasenplatz in Königsdorf ist nichts besonderes, keinerlei Ausbau und auch sonst nichts was sich lohnen würde zu erwähnen. Fügt sich also perfekt in die Mittelrheinliga ein, mit Abstand die unspektakulärste Oberliga in NRW. Für Blau-Weiß Königsdorf war der Aufstieg in die Mittelrheinliga der Höhepunkt der Fußballabteilung. Über Jahre spielte man nur in den unteren Kreisklassen, bevor ab 2014 ein permanenter Aufstieg begann. Über die Kreisliga A ging es bis in die fünftklassige Oberliga, in welcher man sich in der ersten Saison auch souverän den Klassenerhalt sicherte, auch wenn es in der von mir besuchten Partei gegen Mitaufsteiger Eintracht Hohkeppel eine 1:3 Niederlage setzte. Der Klassenerhalt stand aber frühzeitig fest und daher wird es im Frechener Ortsteil auch nächste Saison wieder Oberliga-Fußball zu sehen geben.

#04 - 20. Mai 2023 - Hallescher FC gg Rot-Weiss Essen - 2:0
3. Liga - 37. Spieltag - Leuna Chemie Stadion, Halle (Saale) - 12.773 Zuschauer (ausverkauft)


Im August 2020 stand ich während meines damaligen Roadtrips in Halle/Saale vor verschlossenen Türen. Corona hatte die Bevölkerung im Griff und Fußball wurde damals nur auf kleinen Amateurplätzen gespielt, mit Zuschauerbegrenzung. Knapp drei Jahre später ausverkauftes Haus im Leuna Chemie Stadion zum letzten Heimspiel der Drittliga-Saison 2022/23. Für den Hallescher FC ging es um alles, gegen Rot Weiss Essen musste ein Sieg her um die Liga zu halten. Eröffnet wurde das Spiel dementsprechend mit einer Choreografiere die sich durch den gesamten Stadionumlauf zog. Die Mannschaft sollte noch mal motiviert werden und sicherte sich schlussendlich auch durch ein 2:0 den Klassenerhalt.
Die ganze Stadt trug an diesem Samstag rot, außer ich. Man sah eigentlich direkt, dass ich hier nicht hingehöre. Entsprechend parkte ich mein Auto etwa 2,5 Kilometer vom Stadion entfernt und machte mich so wie es eben ging unauffällig auf den Weg in Richtung Stadion. Als ich dort ankam waren die Stadiontore noch nicht geöffnet, aber die Leute standen schon ganz im Sinne der ehemaligen DDR Schlange und warteten auf die Öffnung der Tore. Der Einlass ging dann relativ schnell und ich begab mich schnell auf meinen Platz auf der rechten Seite der Haupttribüne. Hier saßen weitestgehend Normalos und so konnte ich das Spiel ziemlich entspannt verfolgen. Nach Abpfiff verblieben praktisch alle noch im Stadioninneren und feierten mit der Mannschaft den Klassenerhalt, wo durch der Rückweg zum Auto mit einem geliehenen E-Scooter auch schnell ging und ich das Stadtgebiet auf direktem Weg wieder verlassen konnte.

#05 - 21. Mai 2023 - FC Rot-Weiß Erfurt gg BSG Chemie Leipzig - 2:2
Regionalliga Nordost - 33. Spieltag - Steigerwaldstadion, Erfurt - 7.772 Zuschauer


Nach einer Übernachtung in Gotha ging es tags drauf mit dem Zug in Richtung Erfurt, auch hier war ich während meines 2020er Roadtrips schon zu Gast ohne den Ground-Punkt des Steigerwaldstadions einzusammeln. Damals hing Rot-Weiss Erfurt am Rande der Existenz, hatte man sich doch gerade aus der Regionalliga zurückgezogen und einen Insolvenzantrag gestellt. Es folgten zwei Jahre in der Oberliga bevor man zu Beginn der Saison 2022/23 in die Regionalliga Nordost zurückkehrte und hier lange Zeit sogar vom Durchmarsch in die 3. Liga träumte. Eine Woche vor meinem Besuch im Steigerwaldstadion verloren die Rot Weissen aber das Spitzenspiel gegen Energie Cottbus und so ging es bei meinem Besuch gegen Chemie Leipzig nur noch ums Prestige statt um Aufstieg. Das Stadion war trotzdem ziemlich gut gefüllt und wahrscheinlich auch weitestgehend ausverkauft, die Westtribüne ist nämlich seit einigen Jahren gesperrt womit über 4.000 Sitzplätze nicht in den Verkauf gehen.
Die Fans zeigten auf beiden Seiten eine gute Show, es gab Choreografieren auf beiden Seiten und guten Support mit gegenseitigen Anfeindungen. Auf dem Platz gab es schlussendlich mit einem 2:2 ein gerechtes Unentschieden und auch auf den Rängen nahmen sich beide Fangruppen nichts.
Nach dem Spiel ging es dann noch ein wenig durch die Stadt flanieren und dann war es auch schon vorbei, das erste Ost-Wochenende nach knapp drei Jahren. Der nächste Besuch wird sicherlich nicht so lange auf sich Warten lassen.

#06 - 29. Mai 2023 - ETuS 34 Gelsenkirchen gg SuS Schwarz-Blau Gladbeck II - 4:4
Kreisliga B Gelsenkirchen - 34. Spieltag - Südstadion Haidekamp, Gelsenkirchen - ca. 30 Zuschauer


Den allerletzten Tanz der Saison 22/23 gab es für mich im Südstadion Haidekamp in Gelsenkirchen, einer Art Lost Ground mit Spielbetrieb. Der komplette Stadionumlauf ist quasi gesperrt und eingezäunt. Scheinbar sind die Stehtraversen, welchen den kompletten Stadionlauf umziehen, stark marode und vermutlich auch einsturzgefährdet. Entsprechend vegetieren die Stufen vor sich hin und sind mittlerweile komplett zu gewachsen. Die ursprüngliche Kapazität betrug mal 21.680 Plätze und ist heute auf Grund der beschriebenen Umstände natürlich utopisch. Während der Rest des Stadions langsam verfällt, zeigt sich die Sitzplatztribüne noch immer in bemerkenswert gutem Zustand und fügt sich damit nicht wirklich in das Stadionbild ein. Aktuell ist das Südstadion die Heimstätte von zwei Kreisligisten, zu einem Eintracht Gelsenkirchen aus der Kreisliga A, dessen Vorgängerverein einmal am DFB Pokal Teilnahm und in seiner Regionalligazeit zwischen 1963 und 1973 führ Zuschauerrekorde im Südstadion sorgte. Der zweite Hausherr ist der ETuS Gelsenkirchen aus der Kreisliga B.